Das

neunjährige 
Neuenkirchener 
Tennis-Talent 


Janosch Taghi-Khani

hat das 
nötige Rüstzeug

Von Torsten Grönemeyer

Neuenkirchen. Wer einen Neunjährigen nach dessen Lieblingstennisspieler fragt, rechnet mit Carlos Alcaraz, Novak Djokovic oder Alexander Zverev als Antwort. Vielleicht noch Jannik Sinner oder Holger Rune. Doch Janosch Taghi-Khani, Tennistalent des TSV Neuenkirchen, hat einen anderen Favoriten. „Nick Kyrgios“ ist seine blitzschnelle Antwort.

Janosch schätzt die unkonventionelle Art des Australiers, der seit mehr als einem Jahr verletzungsbedingt kein Spiel mehr absolviert hat. Kyrgios

kraftvolle Schläge und dessen harter Aufschlag haben es dem Viertklässler angetan. Janosch nimmt sich glücklicherweise aber nur die Spielweise seines Idols zum Vorbild, nicht das flegelhafte Verhalten, für das Kyrgios bekannt ist. An sportlichem Ehrgeiz mangelt es allerdings beiden nicht. Zudem können beide schlecht verlieren, was sich bei Janosch jedoch häufig als Stärke erweist.

Vor Kurzem lag der Neuenkirchener bei einem Green-Cup-Turnier in Goslar aussichtslos zurück. 4:6, 2:5 und 0:40 stand es, sein Gegner hatte drei Matchbälle. Janosch gab nicht auf, kämpfte sich zurück und drehte das Viertelfinal-Match tatsächlich noch zu seinen Gunsten. Vater Mani Taghi-Khani hatte seiner Frau Inga schon Bescheid gesagt, dass sie sich bald auf den Rückweg machen würden. „Kurz darauf musste ich noch eine Nacht im Hotel buchen“, sagt der Schulleiter der KGS Schneverdingen schmunzelnd.

Wann Janosch gemerkt habe, dass er es noch packen könnte? „Als ich das Spiel zum 3:5 geholt habe, wusste ich, dass ich noch gewinne.“ Er habe das ganz gut an den Reaktionen seines Gegners merken können. Der Neunjährige beherrscht also schon die Psychologie, die erfolgreiche Tennisspieler in diesen Eins-gegen-eins-Duellen brauchen.

Das reicht selbstverständlich nicht aus, um es weit zu bringen. Janosch hat zudem bereits das nötige Rüstzeug, verfügt über eine außergewöhnlich gute Schlagtechnik. „Er ist sehr weit für sein Alter“, sagt Regionstrainerin Maike Hambrock, die Janosch einmal pro Woche in Celle trainiert. „Er ist ehrgeizig, fokussiert und lernt unheimlich schnell dazu.“

Während des Fototermins mit der BZ hat Janosch das erste Mal bei Meik Ahrens vom TSV Neuenkirchen trainiert. Ziel ist, die Beinarbeit zu verbessern. „Zum Glück haben wir aber viel mit dem Ball trainiert“, sagt Janosch nach dem Training, das er genauso motiviert wie seine Punktspiele anging. Aber so ganz ohne Ball – das wäre ihm nicht richtig vorgekommen.

Ohne den Einsatz der Eltern wäre das Training unmöglich

Zweifelsfrei haben die Taghi-Khanis ein großes Tennistalent als Kind. Das wollen beide selbstverständlich fördern und investieren gerne die Freizeit, die ihnen neben ihren Berufen bleibt. Inga Taghi-Khani ist ebenfalls Lehrerin an der KGS. „Ich frage mich aber manchmal, ob es jetzt noch Janoschs oder schon mein Ehrgeiz ist“, sagt Mani Taghi-Khani. Bislang fällt die Antwort immer klar aus, Janosch hat schließlich stets Lust auf jeden einzelnen Schlag und will aus eigenem Antrieb möglichst hoch hinaus. Dass sich der Vater diese Frage stellt, zeigt einerseits, wie reflektiert die Eltern auf die Situation schauen, und andererseits, dass Talentförderung im ländlichen Gebiet kein Selbstläufer ist. Anders als in den Großstädten Hamburg, Hannover oder Bremen müssen die Tennistalente auf dem Land weite Strecken zurücklegen. Ohne den großen zeitlichen Einsatz der Familie wären die etlichen Trainings und Turnierteilnahmen unmöglich. Dreimal pro Woche trainiert Janosch. Einmal in Neuenkirchen, einmal beim VfL Westercelle und einmal beim Regionstraining in Celle. Wenn am Wochenende keine Spiele anstehen, kommt noch eine vierte Einheit hinzu. Und auch finanziell stellt es eine Herausforderung dar. Auf rund 1000 Euro schätzen die Taghi-Khanis ihre monatlichen Ausgaben für das Hobby ihres Sohns. Reisekosten, Ausrüstung, Trainingsstunden – da kommt einiges zusammen.

„Janosch ist 
ehrgeizig, 
fokussiert und lernt unheimlich schnell dazu“

Maike Hambrock

Regionstrainerin

Dabei gibt es schon Unterstützung. „Wir geben Zuschüsse, Lehrgänge und Trainingsstunden bei uns sind vergünstigt“, sagt Hambrock, die hauptberuflich beim Tennisverband Niedersachsen-Bremen (TNB) angestellt sind. „Aber natürlich brauchen wir die Eltern, die das mittragen.“ Das tun Janoschs Eltern gerne, erst recht, wenn sie sehen, wie viel Spaß und Erfolg der Filius hat. Um nur einige Top-Leistungen der jüngeren Vergangenheit zu nennen: Janosch ist frühzeitig für das Masters-Turnier im November in Isernhagen qualifiziert, an dem vier Spieler aus Niedersachsen/Bremen und je zwei aus Hamburg, Schleswig-Holstein und Berlin/Brandenburg teilnehmen. Er steht auf Rang vier der Orange-Cup-Rangliste des TNB, hat bei elf Turnieren dieser Serie zehnmal das Halbfinale erreicht und dreimal den Turniersieg geholt. Bei den deutschen Meisterschaften der Jüngsten in Lippe mit 64 Teilnehmern gewann Janosch alle drei Gruppenspiele und scheiterte in der K.-o.-Runde an einem späteren Halbfinalisten.

Das Potenzial ist da, die Unterstützung auch. Aber ob aus Janosch Taghi-Khani tatsächlich mal ein bekannter Tennisspieler wird, steht noch in den Sternen. Das war bei dem neunjährigen Nick Kyrgios vor 20 Jahren allerdings auch nicht anders.